ein Beitrag von Holger Griebner
Der diesjährige Antikriegstag in Hamburg war bemerkenswert was Inhalt, Vielzahl der Veranstaltungen und Anzahl der Teilnehmenden betrifft. Mobilisierend haben verschiedene Faktoren gewirkt.
Seit 1957 wird am 1. September an die Schrecken des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie an die schrecklichen Folgen von Krieg, Gewalt und Faschismus erinnert. An jedem 1. September machen auch der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften seitdem deutlich: Die deutschen Gewerkschaften stehen für Frieden, Demokratie und Freiheit. Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus! Der DGB-Aufruf zum Antikriegstag 2021 stand unter dem Motto: „Weichen für eine sichere und friedliche Zukunft stellen! Abrüstung und Entspannung wählen!“
DGB: NATO setzt gezielt auf Konfrontation gegen Russland und China
Die Zusammenarbeit verschiedener Akteure der Friedens-, Umwelt- und Sozialer Bewegung in der Kampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ hat sich auf den diesjährigen DGB-Aufruf positiv ausgewirkt. Der Dachverband deutscher Gewerkschaften ist von früheren Äquidistanz-Formulierungen abgerückt und nennt Roß und Reiter:
„Mit der neuen „NATO 2030“-Strategie soll der Weg weg von einem Verteidigungsbündnis hin zu einer Interventionsallianz für Militäreinsätze außerhalb des Bündnisgebiets bereitet werden. Durch eine Stärkung der nuklearen Abschreckung und durch Pläne für eine stärkere militärische Präsenz im indopazifischen Raum setzt die NATO gezielt auf Konfrontation gegenüber Russland und China.“
Mit der Wahrheit lässt sich bekanntlich besser mobilisieren. Kommt hinzu, dass in Hamburg der DGB neben Ver.di und der GEW die Volksinitiative gegen die Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen unterstützt, was deren Vorsitzende Katja Karger mit ihrer Rede vor dem Gewerkschaftshaus unterstrichen hat.
Hafenarbeit ist international vernetzt
Insbesondere mobilisiert und inspiriert wurden gewerkschaftliche und andere Friedenskräfte der Stadt durch die Ankündigung, dass auf einer Kundgebung an der Hafenkante auf dem Fischmarkt drei Hafenarbeiter:innen aus verschiedenen Hafenbetrieben die Forderung der Volksini nach Stopp der Exporte unterstützen. Ganz besonders Mut machend die Tatsache, dass Alessandro Capuzzo aus Trieste, Italien, von der Initiative für ein Mittelmeer des Friedens von Ver.di eingeladen war und über Boykottaktionen italienischer Hafenarbeiter berichten konnte. Die Übersetzung seiner Rede wurde von Rolf Becker vorgetragen. Ein Kollege aus unserem Hamburger Hafen auf Nachfrage der Moderatorin: „Wir sind auch hier in Hamburg gut organisiert und europäisch und international vernetzt. Was Solidarität erreichen kann, haben wir in den erfolgreichen Abwehrkämpfen von Angriffen auf unsere sozialen Rechte durch die EU-Kommission und in der Unterstützung der Seeleute gezeigt. Gegen die Verschiffung der Mordswerkzeuge ist ebenfalls unsere Solidarität gefragt.“ Und weiter: „Der Hamburger ver.di Arbeitskreis Häfen muss mit dem Hamburger Arbeitskreis Frieden zusammenarbeiten. Diese Veranstaltung ist ein guter Auftakt.“
Nach Afghanistan: Alle Auslandseinsätze beenden
Selbstverständlich war es nicht alleine das gute Wetter, das mehr als 500 Teilnehmende an der Demo des Hamburger Forums sowie mehrere hundert weitere Besucher:innen der verschiedenen anderen Veranstaltungen mobilisiert hat. Die zeitgleich medial verbreitete krachende Niederlage der NATO in Afghanistan hat uns Friedensbewegte in tragischer Weise bestätigt. Die Bilder des Schreckens dieses Krieges, der vorgeblich gegen den Terror und für humanitäre Zwecke geführt wurde, den wir von Anbeginn als Kriegsverbrechen erkannt hatten, haben die Erkenntnis bestärkt: Krieg ist kein Weg zum Frieden. Deshalb wurde von Redenden und auf Transparenten vielfach gefordert, jetzt die Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen zurückzuholen.
Beim Auftakt auf dem Gänsemarkt konnte Zaklin Nastic überzeugend darlegen, dass Linke niemals Kriegseinsätzen imperialistischer Staaten zustimmen dürfen. Mit ihrem NEIN im Bundestag gehört sie weiterhin zur Friedensbewegung, was man von der Mehrheit ihrer Fraktion nicht mehr behaupten kann, denn die hat sich zum robusten Militäreinsatz nach 20jähriger strikter Ablehnung im Schlussspurt zum Kriegsende und zur Bundestagswahl mehrheitlich enthalten und teilweise sogar dafür gestimmt. Jeder Krieg des NATO-Kriegsbündnisses ist aus angeblich humanitären Gründen begonnen worden. Jetzt zum Schluss hat sich die Mehrheit ihrer Fraktion Die Linke zwecks Anbiederung für Regierungsbeteiligung ihres Markenkerns entledigt. Und damit als verlässlicher Partner gewerkschaftlicher Friedensbewegung Schaden genommen.
Volksinitiative erfolgreich – jetzt Volksbegehren vorbereiten
Gut getan hat der erfolgreichen Gestaltung des diesjährigen Antikriegstages hier in Hamburg die inzwischen langjährig bewährte Zusammenarbeit des Hamburger Forums und Ver.di, was auch in dem gelungenen gemeinsamen Mobilisierungsplakat zum Ausdruck kommt und natürlich das enge Zusammenwirken mit der Volksinitiative gegen Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen. Es haben sich nicht wenige eingetragen in die Unterstützerliste für die zweite Stufe, des Volksbegehrens, da ist noch Luft nach oben, denn über 80 tsd. Unterschriften in drei Wochen sammeln nur viele, die gut organisiert sind. Monika Koops für die Volksinitiative an der Hafenkante konnte verkünden, dass wir bereits das erforderliche Quorum von 10 tsd. Unterschriften plus 1/5 wegen Eintragungsfehlern mehr als erreicht haben und dennoch bis 15. Dezember die Sammelaktivitäten verlängern, weil uns die Bürgerschaft dies aufgrund der Erschwernisse in der Coronazeit ermöglicht hat. Mit der Unterschriftenliste stärken wir die direkte Demokratie und den Frieden. Jede/r kann seinen Teil tun.