Rede der Volksinitiative gegen Rüstungsexporte am 18.3.2023
Liebe Friedensfreunde, lieber Hamburgerinnen,
wir möchten mit einem Zitat von dem deutschen Dichter (DDR) Peter Hacks beginnen:
„Der Imperialismus, ein Vampir
Das Vieh ist tot und bleibts und hört, allein
Weil es noch Blut säuft, nicht auf, tot zu sein.“
Peter Hacks, „Couplets“, aus: „Jetztzeit“, 1998.
Das war 1998. Heute tobt ein häßlicher Krieg in Europa und in über 50 Ländern der Welt gibt es Kriege und bewaffnete Konflikte. Wir befinden uns weiter im Zeitalter der Extreme: die globale Ungleichheit ist himmelschreiend und der Klimawandel schreitet zerstörerisch voran, während noch nie so viel Reichtum und Erfahrung vorhanden waren, die Probleme der Menschheit menschlich zu lösen. Wenn also Politiker und Leidmedien versuchen, uns weiszumachen, bzw. dummzumachen, daß der Imperialismus mit dem völkerrechtswidrigen Angriff Rußlands auf die Ukraine begonnen habe, lohnt ein kurzer Blick in die Vergangenheit.
Um das einmal unmißverständlich zu sagen: Wir lehnen jeden Krieg ohne Wenn und Aber ab! Aber geschichtslos sind wir nicht.
Wenn wir heute den 20. Jahrestag des Beginn des Irak-Krieges begehen, gemeinsam mit der US-amerikanischen Friedensbewegung, ist in Erinnerung zu rufen:
Seit der „Wende“ 1990 und dem Wegfall einer Systemalternative – das war wirklich eine „Zeitenwende“ – versuchen kapitalistische Konzerne, ihre Profite immer weiter zu steigern: die Welt nochmals neu aufzuteilen, immer weitere gesellschaftliche Bereiche zu privatisieren und ideologische Alternativlosigkeit zu verbreiten. Die Zerstörung des Ostblocks gipfelte 1999 in den völkerrechtswidrigen Bombardements Jugoslawiens durch die NATO, die zugleich die erste Beteiligung Deutschlands an einem Krieg nach 1945 war. Mit dem Afghanistankrieg (2001) und dem Irakkrieg (2003) versuchten die USA, als einzig übriggebliebene Großmacht, den gesamten Nahosten mitsamt seiner Öl- und anderen Ressourcen unter Kontrolle zu bringen. Der „Krieg gegen Terror“ hat noch mehr Terror gebracht und ganze Regionen in vollständiges Chaos gestürzt. Schließlich bilden die jahrelange aggressive Erweiterung der NATO Richtung Osten und der westliche Wirtschaftskrieg gegen China und Rußland mit den Hintergrund für den Stellvertreterkrieg, der zur Zeit auf Rücken der Bevölkerung in der Ukraine geführt wird.
Das rechtfertigt nicht den aktuellen Völkerrechtsbruch Rußlands, im Gegenteil: Krieg ist immer eine Niederlage der Politik. Aber alle Kriegsparteien sind gehalten, ideologisch und militärisch abzurüsten, diplomatische Beziehungen aufzunehmen und sich für einen Interessenausgleich anzustrengen. Der Krieg muß umgehend beendet werden und was dafür erreicht werden muß, ist die volle Wiederherstellung, Verwirklichung und Weiterentwicklung des Völkerrechts!
Wir vergessen daher an diesem 20. Jahrestag des Irakkrieges auch nicht, daß die Friedensbewegung sich damals 2003 zu einem weltumspannende Höhepunkt formierte, der für uns bis heute die Hoffnung und die Alternative in sich trägt: das engagierte Zusammenwirken der Bevölkerungen für eine menschenwürdige Welt, die von Waffen nichts mehr hält. Aus der Gegenwart ist zu lernen: Krieg und Kapitalismus haben keine Zukunft. Die Mehrheit will weltweit Wandel.
Man könnte sagen, der Imperialismus ist spätestens seit 1945 tot. Nach zwei Weltkriegen und dem Sieg über die faschistische Diktatur stand für die Menschheit fest: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Mit der UN-Charta wurde eine neue Grundlage für ein gewaltfreies internationales Zusammenleben gelegt. Ganz oben steht das Verbot von Angriffskriegen, die territoriale Unversehrtheit der Staaten und die souveräne Gleichheit aller Mitglieder der UNO. Für die Vorbeugung und zivile Lösung von Konflikten gilt der absolute Vorrang der Diplomatie und Kooperation.
Für die soziale Verwirklichung der Menschenrechte wurden hunderte Organisationen und Programme für Bildung, Arbeit und Gesundheit für alle sowie für einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen geschaffen.
In der Welt gibt es Reichtum genug, um diese Ziele und ein besseres Leben für alle zu erreichen. Er muß „nur“ anders verteilt werden. Deshalb ist sehr zu begrü.en, daß die Gewerkschaften auch hierzulande verstärkt streiken für würdige Arbeit und höheren Lohn!
Eine erfreuliche Weiterentwicklung des Völkerrechts ist auch der Atomwaffenverbotsvertrag, der 2021 nach jahrelangem Engagement von tausenden Menschen auf der ganzen Welt – „UNO von unten“ – in Kraft trat. Er verbietet den Mitgliedsländern Atomwaffen zu produzieren, zu lagern, zu besitzen oder weiterzuverbreiten, sie einzusetzen oder damit zu drohen. Laßt uns alles dafür tun, daß die Bundesrepublik und die Atommächte den Vertrag unterzeichnen müssen!
Diese weitreichenden und naheliegenden Ansprüche zu verwirklichen, liegt an uns. Wir haben mächtige Gegner, die vom Krieg profitieren. So will Rheinmetall nach dem Rekordgewinn im letztem Jahr den Umsatz im kommenden Jahr um mehr als 15 Prozent steigern und nicht nur neue Panzer verkaufen, sondern auch eine Panzerfabrik in der Ukraine bauen – mitten in den Krieg hinein und direkt vor Rußlands Haustür.
Es gibt diese Krisen- und Kriegsgewinnler, aber keiner kann den Krieg in der Ukraine gewinnen. Rußland hat ihn politisch schon verloren und die Ukraine verliert täglich ihre Bevölkerung, ihre natürlichen und ökonomischen Lebensgrundlagen und Zukunftsperspektiven. Hören wir daher ausnahmsweise auf die hohen Militärs, die für politische Verhandlungen und ein Ende der kopflosen Eskalation plädieren.
Verstärken wir den Druck dafür, daß die Bundesregierung ihrer historischen Verantwortung gerecht wird, den Kriegskurs verläßt und sich an einer diplomatischen Offensive beteiligt.
Wir haben dafür auch Freunde in der ganzen Welt, die ähnlich wie wir denken und handeln. China hat Ende Februar zur Münchner Sicherheitskonferenz einen klugen Friedensplan vorgelegt, der selbstbewußt auf Dialog und Friedensgespräche setzt. Es wird u.a. die Beendigung der humanitären Krise und die Schaffung von nachhaltigen europäischen Sicherheitsstrukturen gefordert. Die UNO-Charta, die Souveränität aller Länder und ihre Gleichberechtigung sollen respektiert werden, doppelte Standards werden abgelehnt. Schließlich wird die Wichtigkeit der Weltwirtschaft betont, ohne die die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Finanzen, Lebensmittelhandel und Verkehr nicht funktionierte.
Zwar streiten wir eine insgesamt gerechte, solidarische Weltwirtschaftsordnung, aber eine solche Entwicklung wäre ein riesiger Schritt auf dem Weg zum Frieden in der Ukraine und zu einem wirksamen Völkerrecht für alle.
Dazu kommen zahlreiche Friedensinitiativen aus Ländern des Globalen Südens. Medea Benjamin, eine Aktivistin von Code Pink, einer Friedensorganisation in den USA, die auch am heutigen Tag für Frieden in der Ukraine demonstrieren, meint dazu:
„…der größte Teil der Welt hat die Lügen und die Heuchelei der US-Außenpolitik durchschaut, und die Vereinigten Staaten ernten nun die Früchte ihres Handelns, indem der Globale Süden sich weigert, weiterhin nach der Pfeife des amerikanischen Rattenfängers zu tanzen.“
Sie weist darauf hin, daß in einer Podiumsdiskussion auf der besagten „Sicherheitskonferenz“ drei der Podiumsteilnehmer – aus Brasilien, Kolumbien und Namibia – die westlichen Forderungen nach einem Abbruch der Beziehungen ihrer Länder zu Russland ausdrücklich zurückwiesen und sich stattdessen für Frieden in der Ukraine aussprachen.
Die Premierministerin Namibias fasste die Ansichten der Staats- und Regierungschefs des Globalen Südens und ihrer Bevölkerung so zusammen: „Wir konzentrieren uns auf die Lösung des Problems, nicht auf die Abwälzung der Schuld. (…) Wir setzen uns für eine friedliche Lösung dieses Konflikts ein, so dass alle Ressourcen auf die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen auf der ganzen Welt konzentriert werden können, anstatt sie für den Erwerb von Waffen, das Töten von Menschen und die Schaffung von Feindseligkeiten auszugeben.“
Dem können wir uns nur anschließen. Dem sollten sich alle anschließen. Das meinen wir mit „Den Frieden gewinnen“ und das müssen wir durchsetzen.
Wo Menschen sich bewegen, gibt es immer Alternativen.
Daher: Kommt zum Ostermarsch am 10. April.
Empört Euch – engagiert Euch – organisiert Euch – bewegt Euch!
Die Rede findet ihr hier auch als [pdf] zum Download.