Der Kampf der Hafenarbeiter – Rede vom 1. Mai

„Hallo, ich bin Johanna und ich komme von der Volksinitiative gegen Rüstungsexporte.

Ich möchte beginnen mit einer Solidaritätsadresse nach Italien. Denn in Genua haben sich in den letzten Jahren Hafenarbeiter:innen geweigert – und weigern sich immer noch – ein saudi-arabisches Schiff mit Waffen für den Jemenkrieg zu beladen. Stattdessen weisen sie darauf hin, dass Italien gegen eigene Gesetze verstößt. Im Januar 2021 hatte die italienische Regierung festgelegt, dass keine Waffentransporte mehr an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert werden dürfen. Doch genau das findet weiter statt – und da das nicht ans Licht kommen soll, wurden als Ablenkung kurzerhand und unter hanebüchenen Behauptungen Ermittlungen gegen 5 der streikenden Hafenarbeiter angestrengt.

Wir schließen uns den Solidaritätsbekundungen an und fordern ein Ende der Repressionen, gemeinsam mit ihnen, den vollständigen Stopp von Waffenexporten weltweit. Wir freuen uns über den Mut der Mitstreiter:innen vor Ort, wenn sie standhaft entgegnen: „Der Hafen von Genua stand schon immer im Zentrum der Solidaritätsaktionen gegen imperialistische Kriege – vom Krieg in Vietnam bis hin zum Krieg in Irak, ganz zu schweigen vom Widerstand gegen Pinochet in Chile“.

Auch der Hamburger Hafen hat so eine umkämpfte Geschichte. So gingen bereits zu Kolonialzeiten Waffen und Soldaten hier an Board, im ersten Weltkrieg war der Hafen eine wichtige Drehscheibe militärischer Transporte und im zweiten hieß der Hafen allerorts nur noch Franco Hafen, aufgrund der massiven Lieferungen für den faschistischen Diktator. Dagegen kämpften viele Hafenarbeiter:innen – unter Einsatz ihres Lebens. Sie sabotierten Lieferungen, verbreiteten Truppenbewegungen über die internationale Transportarbeitergewerkschaft, warnten, streikten oder warfen ganze Waffenladungen ins Wasser. An ihren Mut wollen wir heute auch erinnern – und uns ein Beispiel nehmen.

Denn auch heute ist der Hamburger Hafen einer der Hauptumschlagplätze für Rüstungsgüter in alle Welt. In und um Hamburg produzieren mehr als 90 Unternehmen Rüstungsgüter. Im Hafen werden jährlich über 1000 Container mit der tödlichen Fracht verladen. Bomben, Panzer, Kleinwaffen und Munition, Kernbrennstoffe, Torpedoaufzüge für U-Boote sowie Kriegsschiffe und Ersatzteile gehen über Hamburg u.a. nach Mexiko, Kolumbien und Sri Lanka, auch nach Chile – alles Länder die die Menschenrechte missachten. Außerdem erhält auch Saudi-Arabien von hier aus Munition für den Jemenkrieg, sowie die Türkei Waffenlieferungen, mit denen sie u.a. ganz aktuell wieder die Kurd:innen angreift. Rüstungsriesen wie Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann oder die Lürssen Werften, zu denen auch Blohm und Voss gehört, machen damit Milliarden-Gewinne. Allein im vergangenen Jahr wurden – trotz Corona – in 2 Quartalen doppelt so viele Kleinwaffen verschifft, wie in ganz 2019 zuvor – für ca. 25 Millionen Euro! Kleinwaffen sind die Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts und gehören verboten. So wie die Erforschung, die Produktion und sämtliche Exporte! Die Profiteur:innen gehören hinter Gitter!

Als Volksinitiative haben wir uns in einem breiten Bündnis zusammengefunden, um sämtliche Waffentransporte über den Hamburger Hafen zu verbieten. Wir sind Aktive aus verschiedenen gewerkschaftlichen, religiösen und hochschulpolitischen Zusammenhängen, aus der sozialen und Friedensbewegung, sowie aus migrantischen Organisationen. Wir wollen bereits im Hier und Jetzt eine Kultur der Solidarität leben, uns international verständigen und für die Realisierung der Menschenrechte weltweit streiten. Mit Musik und Tanz, Theater und Performance, Literatur, Lichtprojektionen und Film wollen wir uns bilden und gemeinsam der gesellschaftlichen Rohheit und aktuell zugespitzt der Vereinzelung und dem verordneten Rückzug ins Private den Kampf ansagen. Wir sind alle politische Wesen und haben Bedeutung! Gerade jetzt und in dieser Zeit. Jede und Jeder kann sich mit beteiligen.

Momentan sammeln wir mindestens 10.000 Unterschriften, um die erste Stufe des Volksbegehrens zu meistern. Auch hier sind aktuell Menschen mit blauen Klemmbrettern unterwegs – sprecht sie gern an! Wir freuen uns über jeden neuen Mitstreiter und jede neue Mitstreiterin. Sammelt Unterschriften, legt sie beim Bäcker in eurer Nachbarschaft aus oder fragt euren Buchladen des Vertrauens, ob sie eine Sammelstelle sein möchten. Unsere bisherige Erfahrung ist, dass fast alle mitmachen und sich freuen über die Möglichkeit aktiv zu werden. Außerdem laden wir euch herzlich ein, mit in unseren Arbeitsgruppen zu arbeiten, euch an der Erstellung von Publikationen zu beteiligen, Sammlungen oder Veranstaltungen zu planen, oder einfach beim Gesamtplenum vorbeizukommen, welches sich alle 14 Tage in Präsenz und digital trifft. Ganz besonders freuen wir uns über Kontakt zu Hafenarbeiter:innen, Betriebsräten oder anderweitig Beschäftigten im Hafen! Sprecht uns an oder schreibt uns!

Die Liste der Häfen, in denen es zu Protesten und Streiks gegen Waffenexporte kam, ist mittlerweile länger geworden. Im Jahr 2018 begannen Streiks in Bilbao, im Jahr 2019 kamen Le Havre, Santander, Genua, Marseille und Fos sur Mer hinzu und im Jahr 2020 Antwerpen, Tilbury und Cherbourg.

Was bringt das Jahr 2021? Geben wir auch von hier aus eine Antwort darauf.“

Es gilt das gesprochene Wort.